Rekordbäume / Champion Trees - Was gibt´s Neues?

Malus trilobata (Poir.) C.K. Schneid.

Elsbeer-Apfel, Dreilappiger Apfel

Familie Rosaceae (Rosengewächse)

Familie: Rosaceae, Rosengewächse, und hier zur Unterfamilie der Maloideae mit ca. 15 Gattungen von Sträuchern und Bäumen gezählt. Unter anderem gehört unser sogenanntes Kernobst dazu, also der Apfel, die Birne und die Quitte.

Die mit etwa 90-100 Gattungen und 2500-3000 Arten sehr große Familie der Rosengewächse ist über fast den gesamten Erdball verbreitet. Auch wenn der Verbreitungsschwerpunkt auf der nördlichen Erdhalbkugel und da eher in den gemäßigten Klimazonen zu finden ist, entdecken wir doch zahlreiche Anpassungen auch an extremere ökologische Bedingungen. Die Rosengewächse dringen nämlich im Norden und in den alpinen Regionen bis in die Grenzgebiete des Pflanzenwuchses vor. Aber auch in den trockeneren Gebieten, z. B. in südlichen Mittelmeergegenden oder in Peru, finden wir Vertreter der Rosaceae.

Wenden wir uns nun der Gattung Malus mit ihren rund 25 Arten zu, wobei in Deutschland nur eine einzige Art natürlicherweise zu finden ist, nämlich der Wild- oder auch Holzapfel, Malus sylvestris. Malus ist eine Gattung, die für den Menschen schon lange von immenser Bedeutung ist, liefert sie doch z. B. ein Obst mit großer wirtschaftlicher Kraft und gesundheitsfördernden Eigenschaften. Der Apfel in seinen zahlreichen Sorten wird u. a. oft roh gegessen und seit der Hochzeit der Griechen und Römer vergoren und als alkoholisches Getränk genossen. Aber welche Überraschungen kann uns die Gattung noch liefern? Eine heute immer wichtigere und häufiger gestellte Frage ist bei Pflanzen allgemein und bei Gehölzen im Speziellen die nach der Klimatauglichkeit - steigende Durchschnittstemperaturen, länger anhaltende Trockenzeiten, höhere Maximaltemperaturen und Ähnliches weisen auf eine dramatische Klimaveränderung hin. Es stellt sich dabei neben vielen anderen Fragen auch die nach geeigneten Gehölzen, die unsere überhitzten und mit Schadstoffen in der Luft angereicherten Städte für uns Menschen durch ihre Anwesenheit erträglich machen. In den Listen der Stadtverwaltungen, Baumschulbetrieben, landschaftsgärtnerisch arbeitenden Institutionen und Vereinen, wissenschaftlichen Forschungsanstalten, Universitäten usw. werden Baumarten aufgezählt, die den Anforderungen der Klimaveränderung angepasst zu sein scheinen oder es zumindest versprechen. Wir finden diese „Zukunftsbäume“ oft unter dem Namen „Klimabaum“, was signalisieren soll, dass es sich um ein besonders klimastresstolerantes Gehölz handelt. Ob alle Arten, die in diesen Listen auftauchen, die Vorschusslorbeeren in der Zukunft wirklich bestätigen können, werden wir im Einzelfall noch erleben - mit Enttäuschungen sollte unbedingt gerechnet werden.

Abb. 1: Blatt und Blüte von Malus trilobata - alle Aufnahmen Thomas Fober.

Der Dreilappige Apfel oder auch Elsbeer-Apfel, Malus trilobata, taucht nun in diesen Listen seit einigen Jahren auf und ist es wert, näher betrachtet zu werden. In älteren Floren ist er unter den synonymen Namen Cormus trilobata, Crataegus trilobata, Pyrus trilobata und Sorbus trilobata zu finden, am häufigsten jedoch unter Eriolobus trilobatus, z. B. aktuell in der Internetquelle „Plants of the World online“ der Royal Botanic Gardens Kew, England. Wir folgen hier aber der Nomenklatur von Bernd Schulz in der Fitschen-Gehölzflora.

Die Heimat dieses Gehölzes ist das südöstliche Europa bis Klein Asien, wo es selten zu finden ist - wir haben hier also eine Rarität selbst in den Herkunftsgebieten vor uns. Nach den Lebensbereichen handelt es sich um ein Gehölz der Steppen und Trockenwälder, wo es sonnig und warm zugeht und die sandig-lehmigen Böden mäßig trocken, mitunter auch frisch sowie nährstoffreich sind, mit einem pH-Wert um den Neutralpunkt herum, also schwach sauer bis alkalisch. Es handelt sich um einen Strauch bis kleinen Baum, der maximal eine Höhe von 6-8 m erreicht und bei uns als voll frosthart gilt. Wie uns der deutsche Name schon verrät, ist das Blatt tief dreispaltig, Elsbeerbaum-ähnlich oder auch Rot-Ahorn-ähnlich (s. u.), die einzelnen Lappen sind oft auch noch mal eingeschnitten. Wir sehen einen gesägten Blattrand und eine ausgeprägte farbenfrohe rote Herbstfärbung. Die Blüte ist weiß, die Frucht elliptisch-kugelig und dabei höchstens 2 cm dick, mit einer gelben bis roten Färbung und großen abspreizenden Kelchblättern, was ein bestimmungsrelevantes Merkmal ist.

 

 

Abb. 2 und 3: Blatt und Apfelfrucht des Elsbeer-Apfels.

In Baumschul-Katalogen ist der Elsbeer-Apfel mitunter aufgeführt und wird dort mit säulenförmigem Wuchs vorgestellt, später schmal kegelförmig wachsend und einen frisch-feuchten, tiefgründigen, nährstoffreichen, lehmigen Boden und sonnigen Standort bevorzugend - und eben als „Klimabaum“ tituliert. In der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im unterfränkischen Veitshöchheim befindet sich unser Baum daher auch im Versuchsanbau der „Klima-Baumarten“, um dieser Einschätzung wissenschaftliches Gewicht zu verleihen, wenn alles gut geht, natürlich nur. In Kultur befindet sich dieses Gehölz bei uns in Mitteleuropa schon seit 1877, aber wenn die Angabe „selten“ für die Heimatregionen Geltung hat, ist diese Einschätzung für die Verwendung in unseren Gärten und Parks nochmals mehr als berechtigt. Dagegen kann man aber etwas tun, vor allem auch als Dendrologe …

Schauen wir also zum Schluss noch in unsere DDG-Champion Tree-Listen. Dort finden wir zwei Malus trilobata-Einträge, der eine Baum steht in Nürnberg-Reichelsdorf vor der dortigen Kirche. Es handelt sich um den bundesdeutschen Champion mit immerhin 74 cm Stammumfang und einer Höhe von 6 m sowie 2 m Kronendurchmesser. Die kleine, aber äußerst nette Geschichte des messenden und meldenden DDG-Mitglieds Thomas Fober dazu ist diese hier:

„Gegenüber am Zugangsweg steht ein zweiter Malus trilobata, beide Bäume wurden von mir gepflanzt. Ich hatte den Auftrag nach einer Umbaumaßnahme für die gärtnerische Gestaltung bekommen. Es war eigentlich eine Fehllieferung. Es war Acer rubrum ausgeschrieben. Ich habe die Bäume gepflanzt und niemand hat es bemerkt, dass die Baumart nicht gemäß Pflanzplan ist. Man freut sich jetzt über diese schönen Bäume vor der Kirche.“ Eine weitere Folge der Verwechslung bzw. in diesem Falle zum Glück zu spät festgestellten Fehllieferung ist, dass diese wunderschöne und empfehlenswerte Baumart mittlerweile zwischen Nürnberg und Bayreuth so gut wie ausverkauft ist - keine Baumschule führt sie zur Zeit mehr im Bestand, weil die Werbung durch Thomas Fober zu weiteren Pflanzungen geführt hat. Wir kennen dieses Phänomen ja aus vielen anderen Beispielen, es genügt eine Initialzündung und die Vorgärten der Wohndörfer fangen an, sich zu ähneln. In diesem Falle ist dies aber sehr begrüßenswert, wie man an den Abbildungen erkennen kann.

Abb. 4: Beeindruckend ist die Herbstfärbung von Malus trilobata, hier der Rekordbaum Deutschlands mit 74 cm Stammumfang vor der Kirche in Nürnberg-Reichelsdorf.

Wie Thomas Fober weiter berichtet, haben alle gepflanzten Bäume noch nie eine Säge oder Schere gesehen, sie sind trotzdem auffallend kompakt und ähneln sich darüber hinaus sehr - dies erklärt sich wohl aus der Tatsache, dass es sich um Veredlungen handelt, also mithin ein Klon vorhanden ist. Die Variabilität der Naturstandorte ist quasi eliminiert, was aber natürlich für den hier vorliegenden Verwendungszweck „Siedlungsbereich und Straßenrand“ vorteilhaft ist. Weiter wird berichtet, dass die Früchte zumeist grünlich-gelb relativ gleichzeitig vom Baum fallen, aber nicht die in den Floren stets erwähnte rötliche Farbe annehmen.

Abb. 5: Ob sie schmecken, zumindest vergoren? Wir wissen es nicht sicher...

Alle z. Z. aktuellen Neumeldungen der Rekordbäume / Championtrees vom 1.11.2020 sind hier zu finden.

Manfred Wessel, Bad Vilbel

Zurück